Und jetzt will ich ein bisschen vorlesen aus Mönch Bittermandel - ach nein: Bittermelone.
Wenn das Handgelenk nicht leer ist, dann gilt vom Bild nicht, dass es ein Bild ist. Wenn vom Bild nicht gilt, dass es ein Bild ist, dann verfügt das Handgelenk über keine himmlische Wirkungskraft. Bewegt man das Handgelenk wie einen Kreisel, speist man es mit Kreisen, und lässt man es in der Weite der Leere ruhen, dann tritt der Pinsel aufrecht und kantig hervor, als ob er Bambus spaltete, dann dringt der Pinsel mit einer Klarheit ein, als ob er Sonne und Mond auf den Schultern trüge. Er vermag Rundes zu wirken. Er vermag Eckiges zu wirken. Er vermag Gewundenes zu wirken. Er vermag Gerades zu wirken. Er vermag Hohes zu wirken. Er vermag Niederes zu wirken. Links und Rechts ohne Bevorzugung behandelnd, erhaben über den Zwist zwischen Hervortretendem und Eingelassenem, setzt er seine spaltenden Hiebe kreuz und quer. So, wie das Wasser in die Tiefe dringt, so, wie die Flammen in die Höhe streben, ist dabei nicht mal ein Hauch Erzwungenes enthalten, denn er ist von selbst so.
Man kann nun andächtig schweigen, angesichts dieser kryptischen Sätze, man kann sich auch sagen: Quatsch mit Soße! aber "das Handgelenk mit Kreisen speisen" ist doch zum Niederknieen, oder ???
Shitao: Aufgezeichnete Worte des Mönchs Bittermelone zur Malerei. Dieterichsche Verlagsbuchhandlung 2009
Wer noch mehr Kluges lesen will, der lese dieses!
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